Aus dem Märchen „Marja Morewna“
Koschtschej ist einer der berühmtesten Negativhelden der russischen Märchenwelt. Erzählungen, in denen er vorkommt, sind sehr beliebt und jedem Russen von klein auf bekannt. Darin agiert er meist als Zar, als böser Zauberer oder als Entführer der wunderschönen Braut des Märchenhelden. Sein Alleinstellungsmerkmal aber ist die Unsterblichkeit.
Vermutlich gelangte diese Gestalt über heidnisch-slawische Glaubensvorstellungen von einem Herrscher über die Unterwelt in die Märchenwelt. Daher rührt auch seine ausgezehrte, leichenblasse Erscheinung; er ist sehr alt und wird manchmal sogar als Skelett dargestellt. In seinem Namen klingen für das russische Ohr das Wort für Knochen(Kostj) und das für Haut(Kosha) mit. In einigen Motiven wird die Gegenüberstellung der Welt der Lebenden und der der Toten dadurch verstärkt, dass Koschtschej schon von weitem das Nahen eines lebendigen Menschen wittert, wenn er sagt: „Es riecht nach Menschengebein!“
Als Vorsteher der Totenwelt ist ihm natürlich jede Form von menschlichem Tod fremd — sowohl die natürliche wie die im Kampf oder Duell. Um diesen Gegner zu schlagen, muss der Held das letzte Geheimnis des Koschtschej lüften. Interessanterweise steckt bei aller Diversität der Motive der Tod des Koschtschej immer in der Nadelspitze, die Nadel befindet sich in einem Ei, das Ei in einer Ente, die Ente in einem Hasen, der Hase in einem Kästchen, das Kästchen ist an eine Eiche gekettet, und die Eiche wächst auf einer fernen Insel oder ganz oben in den Bergen. In einigen Motiven lüftet die Baba Jaga das Geheimnis — eine mehrdeutige, grenzüberschreitende Gestalt. Der Held überwindet mit ihrer Hilfe oder der Hilfe von anderen zauberhaften Wesen alle Hindernisse, findet die Nadel und besiegt Koschtschej.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Koschtschej im Volksbewusstsein als geizige, habsüchtige Figur verankert ist, die sich stets um die eigenen Schätze sorgt. Sein Streben danach, nicht nur materielle Güter zu erbeuten, sondern auch die Geliebte des Iwan Zarewitsch und anderer Helden, erscheint dann als logische Fortführung dieses Charakterzuges. Über die Zeit hat sich in der russischen Sprache sogar der Vergleich eines geizigen Menschen mit Koschtschej gefestigt.
Seine Ausstrahlungskraft hat die steinerne Koschtschej-Figur vor allem der treffsicheren Wahl des Jaspissteins zu verdanken, aus dem der Kopf geschnitten ist: Hautfarben, mit roten Knötchen und Fäden durchzogen, gibt er sehr gut das Erscheinungsbild eines Greises wieder. Interessant ist auch die Wahl der Materialien für den Harnisch der Figur: Die „vergoldeten“ Details sind aus zerbrechlichem Pyrit geschnitten, und die natürliche Maserung des Hämatiten lässt die Beinschienen wie altes, schwarz gewordenes Eisen aussehen.
[...] Eines Tages beschloss Iwan Zarewitsch, seine Schwestern zu besuchen. Auf seinem Weg kam er am wundervollen Schloss der Kriegerprinzessin Marja Morewna vorbei. Er blieb dort einige Tage lang als Gast, die beiden verliebten sich ineinander und heirateten. Eines morgens ging Marja Morewna fort, um gegen ihre Feinde zu kämpfen. Sie gab ihm die Schlüssel zu allen Räumen des Schlosses, aber warnte ihn:
„Geh nicht in den dunklen Raum im Keller!“
Sobald sie jedoch weg war, gab Iwan Zarewitsch seiner Neugier nach und schloss die Tür zum Kellergewölbe auf. Drinnen sah er den bösen Koschtschej den Unsterblichen, der dort an der Wand in Ketten lag. Koschtschej bat ihn:
„Gib mir bitte etwas Wasser. Ich bin so durstig.“
Also gab ihm Iwan Zarewitsch aus Mitleid drei Kellen voll Wasser. Dadurch wuchs Koschtschejs Kraft. Er zerbrach seine Ketten und lachte furchterregend.
„Ich danke dir, Iwan Zarewitsch. Aber von heute an wirst du deine geliebte Marja Morewna nie mehr wiedersehen“.
Darauf flog Koschtschej wie ein gewaltiger Wirbelsturm davon, holte Marja Morewna ein und riss sie mit sich hinfort. Iwan Zarewitsch aber weinte lange schrecklich, rüstete sich dann für den Weg und machte sich auf, seine schöne Frau zu finden:
„Was es auch koste, ich werde Marja Morewna zurückholen!“
Koschtschej
Kunstwerkstatt Alexei Antonow
2013
Modell: Wladislaw Oshegow
Meister: Faris Chairlanamow, Nikolai Skripin
Bronze: Anastasija Mirkurjewa
Juwelier: Pawel Wetrow
Material: Jaspis, Dolerit, Pyrit, Hämatit (Blutstein), Holzstein, Tigerauge, Aventurin, Bronze, Gold, Silber
Maße: 39 × 32 × 32 cm