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Ilja Muromez und der Räuber Nachtigall

Kunstwerkstatt Alexei Antonow
2012

Ilja und der Räuber Nachtigall

Ilja Muromez und der Räuber NachtigallIlja Muromez und der Räuber NachtigallIlja Muromez und der Räuber NachtigallIlja Muromez und der Räuber NachtigallIlja Muromez und der Räuber Nachtigall

Ilja Muromez gehört zu den populärsten russischen Volkshelden. Er verkörpert die Vorstellungen der Menschen von einem idealen Krieger und Bogatyr. Anders als die meisten anderen Figuren in derartigen Erzählungen, ist Ilja keineswegs ein geborener Held und Sieger. Im Gegenteil: Der Legende nach wurde er in einem gewöhnlichen Dorf in einer Bauernfamilie geboren und verbrachte die ersten dreißig Jahre seines Lebens als Krüppel auf dem Ofen sitzend. Aber mit seiner wundersamen Heilung wurde ihm die Kraft eines Bogatyr zuteil. Vom ersten Moment an richtete sich seine Stärke auf das Vollbringen guter Taten: Er verließ sein Dorf und ging nach Kiew, um seiner Heimat zu dienen.

Die Begegnung mit dem Räuber Nachtigall (Solowej Rasboinik) ist die erste Bewährungsprobe und zugleich die erste Heldentat des Ilja Muromez. Der Räuber Nachtigall ist der Legende nach ein beinahe mythisches Wesen, das in einem Baum hockt und Menschen wie Tieren einen Schrecken einjagt. Weder überfällt noch raubt er Leute aus, er kauert vielmehr verborgen im tiefsten Dickicht, wo seit langer langer Zeit niemand mehr einen Schritt getan hat. Seine Waffe ist ein ohrenbetäubendes, gar tödliches Schrillen von einer Kraft, die Berge erzittern und Bäume umstürzen lässt. Sein Schrecken besteht außerdem darin, dass er den einst direkten und leicht passierbaren Weg nach Kiew versperrt, der nun verwachsen und unwegbar geworden ist — genau bis zu dem Moment, als Ilja Muromez in die Hauptstadt will.

Ilja ist der einzige, der den Schrei des Räuber Nachtigall nicht fürchtet. Die Abwesenheit von Angst ist auch genau das, was man braucht, um den Gegner zu überwinden: Es gibt keinen Kampf, Ilja spannt einfach seinen Bogen und schießt. Der Gegner ist besiegt, aber nicht tot — Ilja, der Bogatyr, nimmt ihn als Trophäe, die dem Fürsten seine Stärke beweisen soll, mit nach Kiew.

Die Konfrontation der beiden Charaktere wird in diesem dreidimensionalen Mosaik durch die Wahl des Materials für den Sockel untermalt: Die künstlich anmutende Anhäufung von Rauchquarzkristallen im Pegmatitgestein ist durch Naturgewalt entstanden. Ihre Verkörperung, der Räuber Nachtigall, ist in ein grellbuntes Gewand gehüllt, das ebenfalls aus Pegmatit (Schriftgranit) geschnitten wurde.

Es lohnt eine nähere Betrachtung des Helden: Sein über die Jahre geschwärztes, von Kampfspuren gezeichnetes Kettenhemd ist ein Beispiel feinster und kompliziertester Schnitzarbeit mit dem harten, aber äußerst zerbrechlichem Hämatit, den man auch als Blutstein bezeichnet (von griech. haíma für „Blut“).

Ilja und der Räuber Nachtigall

Aus der Stadt, aus der Stadt, aus Murom ritt,

Aus dem Dorf, aus dem Dorf, aus Karatschirowo,

Der verwegene, edle, wackre Held;

Zur Frühmesse er in Murom war,

Zur Mittagsmesse wollt er in Kiew sein, der Fürstenstadt.

[...]

Der Recke ritt den geraden Weg.

Sein braves Roß, sein Heldenroß

Sprang flink dahin von Berg zu Berg,

Schnellte von Hügel zu Hügelchen,

Flüßchen und Seen liefen ihm unter den Beinen fort.

[...]

Da pfiff der Räuber wie die Nachtigall,

Da brüllte der Räuber wie ein wildes Tier —

Hinwelkten die Halme und Gräserchen,

Entblätterten sich die Blaublümelein,

Neigten sich erdwärts die Wälder schwarz

[...]

Dann nahm der alte Kosak Ilja Muromez

Seinen straffen Bogen, den schnellenden,

In seine weißen Hände, die kräftigen,

Spannte die seidene Bogenschnur,

Tat den gehärteten Pfeil darauf

Und schoß auf den Räuber Nachtigall,

Schlug ihm das rechte Auge, die Schläfe aus.

Ließ ihn hinabgleiten auf die feuchte Erd,

Band ihn an seinen rechten Bügel aus Damaszenerstahl,

Führte ihn ins schöne freie Feld [...]

Ilja Muromez und der Räuber Nachtigall

Kunstwerkstatt Alexei Antonow

2012

Modell: Timofei Paus

Meister: Jewgeni Waskow, Sergei Tscherkassow

Bronze: Anastasija Mirkurjewa

Juwelier: Pawel Wetrow

Material: Quarzit, Chalcedon, Pyrit, Hämatit (Blutstein), Jaspis, Pegmatit, Lasurit, Holzstein, Tigerauge, Gold, Silber

Maße: 53 × 80 × 47 cm