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Fünf Jahrhunderte dreidimensionalen Mosaiks

Die Ursprünge der Uraler Steinschneidekunst gehen zurück auf die Epoche der Reformen von Peter I. dem Großen. Die Geschichte dieses Kunsthandwerks war in den dreihundert Jahren seines Bestehens eng verflochten mit westeuropäischen Traditionen der Edelsteinbearbeitung.  

Die Ursprünge der Uraler Steinschneidekunst gehen zurück auf die Epoche der Reformen von Peter I. dem Großen. Die Geschichte dieses Kunsthandwerks war in den dreihundert Jahren seines Bestehens eng verflochten mit westeuropäischen Traditionen der Edelsteinbearbeitung. Während die Künstler aus dem Ural von den europäischen Techniken und ihren stilistischen Besonderheiten lernten, mitunter auch einzelne Formen und Handgriffe übernahmen, trugen sie im Gegenzug ihrerseits zur Entstehung neuer Strömungen bei. Im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten zwei Generationen der Industriellenfamilie Demidow Europa mit dem Uraler Malachit verzaubern, während die luxuriösen Rhodonit-Schnitzereien der Jekaterinburger Schule es in der Mitte des selben Jahrhunderts den Oberhäuptern in Preußen und im Vatikan angetan hatten. Die Qualität der Arbeit am durchsichtigen Quarzgestein (Bergkristall und Rauchquarz) und die Originalität des „Stilllebens mit Früchten“ auf einem Briefbeschwerer, die von Uraler Unternehmern auf den Weltausstellungen präsentiert wurden, schätzte sowohl das Publikum wie die europäische Konkurrenz — die Steinschneidemeister — hoch ein.

Die wohl letzte europäische Technik der Arbeit am Edelstein, die die Schneidekünstler zum Ende des Russischen Imperiums hin erlernten, war die des dreidimensionalen Mosaiks. Diese hochkomplexe Technik, bei der eine Skulptur aus mehreren, eigens aus verschiedenen Steinarten geschnitzten Details zusammengesetzt wird, eröffnete den Meistern neue Möglichkeiten. Trotz der Peripetien der russischen Geschichte im 20. Jahrhundert konnten die Uraler Künstler diese Technik bewahren. Zu Beginn des neuen Jahrtausends, hundert Jahre nach den ersten eigenständigen Versuchen, erlebt das dreidimensionale Mosaik eine neue Blütezeit. Um den Weg, den Generationen von Handwerksmeistern zurückgelegt haben, würdigen zu können, muss man die wechselhafte Geschichte dieser Technik in Europa und das Auf und Ab ihrer Popularität in den Blick nehmen, wissen dieser Technik in Europa und das Auf und Ab ihrer Popularität blicken, wissen, wer ihre Einführung in Russland initiierte und wie die Uraler diese Tradition bewahren und das Interesse an der polychromen geschnitzten Steinskulptur immer wieder beleben konnten.

Ursprünge

Die Geschichte der europäischen Skulptur zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass dieses Genre der bildenden Kunst über mehrere Jahrtausende nach einer möglichst naturalistischen Wiedergabe des Modells strebte. Monochromie und die dadurch bedingten Konventionen innerhalb der plastischen Kunst sind Entwicklungen der Neuzeit. Schon früh wurde den Skulpturen durch die Kombination von Fragmenten aus verschiedenartigen bunten Ziersteinen Farbe verleihen. Als Beispiele hierfür dienen Funde aus untergegangenen Zivilisationen des Alten Orient und Alten Ägypten. In der Spätantike fand diese Technik eine breite Verwendung: Während der Epoche der Antoninen (2. Jahrhundert n. Ch.) erfreuten sich in Rom Büsten großer Beliebtheit, bei denen Kopf und Gewänder aus verschiedenen Gesteinsarten gefertigt waren. Eine bedeutende Sammlung antiker Kunstwerke mit zusammengesetzten Mosaikdetails aus Schmucksteinen hatte es in der Villa Borghese gegeben, bevor 1807 ein Teil der Kollektion durch den Louvre aufgekauft wurde. Die „Mohr“-Skulptur ist ein herausragendes Beispiel für das Zusammenspiel von Alabaster, farbigem Marmor und Lasurit in einem Kunstwerk.

In den späteren Epochen führten die Komplexität dieser Arbeitstechnik und der hohe finanzielle Matrialaufwand für die commessi (mit diesem Begriff bezeichneten die italienischen Meister ihre dreidimensionalen Steinmosaiken) zum fast vollständigen Erlöschen dieser Kunstform. Im Mittelalter wurden polychrome Skulpturen und Reliefs aus eingefärbtem Wachs, bemaltem Holz oder Stein gefertigt.

Eine erneute Hinwendung zur alten Methode der farblichen Gestaltung von Plastiken fand in Italien am Ende des 16. Jahrhunderts statt, in der ausklingenden Epoche der Renaissance.

Der Mohr. Rom, Anfang 17. Jh. Sammlung des Louvre, Paris

PHOTO © MUSÉE DU LOUVRE, DIST. RMN-GRAND PALAIS / DANIEL LEBÉE / CARINE DÉAMBROSIS  

Renaissance. 16. — Anfang 17. Jahrhundert

Eine besondere Vorliebe für Schmucksteine hatten die Florentiner zur Zeit der Renaissance. Lorenzo der Prächtige bereitete den Weg für eine Sammlung von antiken und neuen Kameen. Cosimo I. erweitere diese Sammlung um aus Halbedelsteinen gefertigte Vasen aus der großherzoglichen Hofwerkstatt (Botteghe granducati).

Das früheste Beispiel eines dreidimensionalen Florentiner Mosaiks liegt uns mit dem 1590–1598 gefertigten „Miniaturaltar“ vor. Er ist mit einer Mosaiklandschaft und dreidimensionalen Figuren von Jesus Christus und der Heiligen Samariterin geschmückt, die aus präzise gearbeiteten Details aus buntem Jaspis, Achat und Amethyst zusammengesetzt sind.

Der Heilige Markus. Florenz, zweites Viertel des 17. Jhs. 
Sammlung des Museums für Silber, Palazzo Pitti, Florenz

(c) Gabinetto Fotografico Del Polo Museale Regionale Della Toscana

An der Schwelle zum 17. Jahrhundert wurde im Hofatelier der florentinischen Herzoge ein grandioser Entwurf eines Altars für die Familienkapelle des Hauses Medici geboren. Es war geplant, eine mehrstöckige Marmorkonstruktion zu errichten, gekrönt von einem Halbrund aus Bergkristall, das sich auf ebenso kristallene Säulen, Ebenen und Nischen stützt, und das Ganze mit Reliefmosaik und dreidimensionalen Apostel-Skulpturen aus verschiedenen Edelsteinen zu verzieren. Die Verwirklichung des Projekts zog sich allerdings in die Länge, denn trotz hochentwickelter Schneidetechnik ging die Arbeit an den Details aus harten Jaspis- und Quarzgesteinen nur langsam voran.

Zwei Generationen von Steinschneidern aus der Familie Mochi — Vater Oratio und die Brüder Stefano und Francesco — steckten ein halbes Jahrhundert Arbeit in die Apostelfiguren. Heute sind uns acht Skulpturen bekannt, die für diesen Altar in der Technik des dreidimensionalen Mosaiks gefertigt wurden: Lukas, Johannes, Markus, Matthäus, Petrus, Paul, Jakobus und der Erzengel. Alle Figuren sind in ein und demselben relativ großen Maßstab (etwa 32 cm hoch) und nach dem gleichen Muster gearbeitet: Es handelt sich um stehende, barfüßige Männer mit aufgesetztem Haar, gekleidet in lange Gewänder und weite umwickelte Mäntel aus kontrastfarbigen Steinen.

Auf Grund von finanziellen und technischen Schwierigkeiten wurde dieses Vorhaben nie abgeschlossen, aber der Einfluss auf die Florentiner Meister war dennoch groß. Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden in der großherzoglichen Werkstatt unter der Leitung von Giuseppe Antonio Torricelli (1662–1719) zwei Reliquiarien — eines für die Dominikanerheiligen und eines für die Heiligen Gründerväter. Diese eher kleinen Kunstwerke sind in Form von sechsstöckigen Türmen mit Bergkristallkuppeln gefertigt, die auf gewundenen Kristallsäulen ruhen. In den Nischen befinden sich Mosaikskulpturen der Heiligen.

Galleria dei Lavori, Giuseppe. Antonio Torricelli. Reliquiar des Heiligen Emmerich

Florenz, 1698–1717. Sammlung des Medici-Kapellen-Museums, Florenz

(c) Gabinetto Fotografico Del Polo Museale Regionale Della Toscana

Von Italien aus gelangte die Technik des Mosaikreliefs nach Prag, wo sich die Hauptresidenz von Rudolf II. befand, dem Imperator des Heiligen Römischen Reichs. Am Hof dieses Herrschers arbeitete Ende des 16. — Anfang des 17. Jahrhunderts der großartige Schneidekünstler Ottavio Miseroni (1568–1624). Er konzentrierte sich auf kleinere Kunstwerke — eine Art bunte Kameen — und erschuf Miniaturen, die sich durch die Schönheit der ausgewählten böhmischen Steine auszeichneten. Das um 1610 entstandene Stück „Maria Magdalena“ gilt zurecht als das bedeutendste Werk jener Zeit. Das feine Kolorit der Komposition, die aus über 50 Details besteht, ist den Farbnuancen von zwölf verschiedenen Achat- und Jaspisarten zu verdanken. Obwohl uns keine Beispiele für vollrunde Mosaikskulptur erhalten sind, erlaubt die Prager Werkstatt einen Blick auf eines der frühesten Beispiele für die Verbreitung der Technikder Florentiner Meister.

Weiterentwicklung. 17. — Anfang 18. Jahrhundert

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war am Hof des Grafen Johann Nassau-Idstein der Glyptiker Christoph Labhart (1644–1695) tätig. Zwischen 1671–1679 erschuf er im Auftrag des Grafen eine monumentale Komposition zur Verzierung eines Kaminsimses. Der Meister setzte darin eine moralisch-ethische Unterweisung um, die der Herzog seinem Sohn Georg August mit auf den Weg geben wollte, indem er Flach-, Relief- und dreidimensionales Mosaik auf anspruchsvolle, barocke Weise miteinander kombinierte. Vor dem Hintergrund eines Landschaftsbildes mit architektonischem Motiv, das in der Technik des Florentiner Mosaiks mit einzelnen Reliefelementen (Wolken, Säulen) ausgeführt ist, entfaltet sich ein allegorisches Lehrstück. Ein junger Reiter hoch zu Ross wird umringt von den weiblich verkörperten Tugenden eines weisen Herrschers, deren Skulpturen beinahe losgelöst von der Basis gearbeitet sind — Klugheit, Mäßigkeit, Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Großmut, Hoffnung, Sorgfalt sowie die Geschichte und die Kunst. Vor ihnen sind in einem tief eingelassenen Relief menschliche Laster dargestellt, die ins Innere der Komposition streben. Es handelt sich um das einzige größere Kunstwerk außerhalb Italiens, das nach der Setz-Methode gefertigt wurde. Jaspis-, Chalcedon- und Achatsteine aus Zen­traleuropa wurden darin verarbeitet.

Christoph Labhardt. Kaminsims. Idstein, zwischen 1671 und 1679

Sammlung des Grünen Gewölbes, Staatliche Kunstammlungen Dresden

(C) BPK - Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin

Während des Barockzeitalters, unter Herzog Cosimo III., wächst in Florenz die Rolle der in der Hofwerkstatt beschäftigten Bildhauer. Die Komplexität, die ihre Modelle mittlerweile erreicht hatten, trug zu einer gesteigerten Wertschätzung der Arbeiten von Meistern des „plastischen“ Mosaiks im Vergleich zu Vertretern des flachen Mosaiks bei. Die Entwicklung der zusammengesetzten Skulptur bestimmten in jener Zeit maßgeblich die führenden Mitarbeiter dieser Werkstatt: der Steinschneider Giuseppe Antonio Torricelli und der Modelleur Giovanni Batista Foggini (1652–1719). Das Ergebnis der Zusammenarbeit dieser beiden Meister sind zahlreiche Reliquiare und andere Kultgegenstände, die der Herzog in Auftrag gegeben hatte. Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts erschuf das Künstlerduo Reliquiare der Heiligen Maria von Ägypten (1704) und des Heiligen Ambrosius (1705). Das anspruchsvolle Reliquiar des Heiligen Emmerich (1717), besteht aus einer plastischen Mosaik-Darstellung der Pietà und einer Skulptur die den Heiligen Emmerich selbst zeigt. Beeindruckend ist hier zum einen die Palette der verwendeten Steine (roter böhmischer Achat, persischer Lasurit; Mantel aus gelbem sizilianischen Jaspis, der Saum aus sächsischem Amethystquarz) und zum anderen das für die frühen florentinischen Arbeiten ungewöhnlich kostbare Dekor: Die Borten an der Kleidung, die Umschläge der Schuhe sowie an den Degen sind mit zahlreichen in Gold eingefassten Rubinen und Diamanten besetzt.

Ein reiches Dekor zeichnet auch die Skulpturen römischer Imperatoren aus, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Frankfurt am Main entstanden, der Wirkungsstätte Johann Bernhard Schwarzeburgers (1672–1741). Aus seiner Werkstatt stammen Mosaikskulpturen der legendären Herrscher Titus, Caesar, Domitian und Vespasian. Für seine Kunstwerke verwendete er Schmucksteine aus dem Hunsrück, an dessen Ausläufern eines der größten europäischen Steinschneidezentrums liegt — Idar-Oberstein. In den 1730er Jahren wurde die Serie in die Sammlung des Kurfürsten von Sachsen aufgenommen.

In diesen Kunstwerken ist der Einfluss des blühenden Barock deutlich spürbar: Das akzentuierte Gold- und Edelsteindekor verleiht zusätzlichen Glanz, erhöht die Granularität der Stücke und erzeugt ein universelles wie eindrückliches Bild des Reichtums. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich in dieser Zeit die Bandbreite der Motive wesentlich erweitert: Zu den religiösen Themen gesellen sich nun auch verstärkt mythologische und historische Inhalte.

Ab Mitte des „galanten“ 18. Jahrhunderts werden die voluminösen Skulpturen aus Schmucksteinen durch polychrome Flachrelief-Kompositionen auf den Deckeln von Tabakkästchen abgelöst. Aufgrund der mineralogischen Beschaffenheit der Mosaiken wurde Sachsen zum Hauptproduktionsstandort von Werken dieser Art. Zwischen den zahlreichen Kästchen mit Blütendekor fanden sich auch solche mit Darstellungen von Alltagsszenen. Sie werden auf die 1770er Jahre datiert und dem Meister Heinrich Gottlob Lang (1739–1809) zugeschrieben.

Eine eigenwillige Lesart der zusammengesetzten Skulptur in der Tradition des antiken Rom und der florentinischen Renaissance stellt die Komposition „Rom“ aus der Hand der beiden römischen Meister Luigi (1726–1785) und Guiseppe Valadier (1762–1839) dar, die sich in der Sammlung des Louvre befindet. Im Laufe der Zeit hat das Kunstwerk einen Teil seiner Elemente eingebüßt: Die Achat-Kameen mit Silbereinfassung, die einst das Piedestal zierten, sowie die Lasurit-Kugel in der Hand der Figur sind verschwunden. Die erhaltene Skulptur, gekleidet in eine Toga aus ägyptischem Porphyr, mit Händen und Kopf aus Chalcedon, kann nur als Erinnerung an den Versuch einer Wiederbelebung dieser komplexen und kostspieligen Technik dienen.

Johann Bernhard Schwarze(n)burger. Kaiser Domitianus. Frankfurt am Main, vor 1729. 

Sammlung des Grünen Gewölbes, Staatliche Kunstammlungen Dresdenn

© BPK — BILDAGENTUR FÜR KUNST, KULTUR UND GESCHICHTE, BERLIN

Wiederkehr. Zweite Hälfte des 19. — Anfang des 20. Jahrhunderts

Im Zuge des wachsenden Interesses an vergangenen historischen Epochen in der Mitte des 19. Jahrhunderts können wir die Wiederkehr der Farbvielfalt in der Raumgestaltung und, als Ergebnis, auch ein wiedererwachtes Interesse an der Technik der dreidimensionalen Mosaikskulptur beobachten.

Anders als viele andere europäische Werkstätten konnten die florentinischen Hofateliers ihre Arbeit ungeachtet der vielen Herrscherwechsel fortsetzen, die die Geschichte dieser Stadt während des 19. Jahrhunderts prägten. Das hauptsächliche Schaffen der Werkstatt, die unter dem Namen Opoficio delle Pietre dure bekannt wurde, bestimmte während der letzten Jahre des Großherzogtums Toskana bis zum Jahr 1876 ihr Direktor Niccollo Betti. In der Schlussphase der Einigung Italiens (1861–1871) fand die vergessene Tradition des Relief- und dreidimensionalen Mosaiks wieder Zuspruch. Die ersten zusammengesetzten florentinischen Skulpturen des 19. Jahrhunderts stammten aus der Hand von Paolo Ricci (1835–1892). Den ab 1855 in der Opoficio beschäftigten Meister interessierte weniger die pompöse Barock-Kunst von Torricelli als der zurückhaltendere Stil der Mosaikskulpturen aus dem frühen 17. Jahrhundert, welcher auch seine Mosaikkunstwerke prägte, darunter sowohl Reliefs als auch vollrunde Skulpturen. Erhalten ist das Basrelief „Christus beim Gebet im Garten“, welches 1870 dem Papst Leo III. als Geschenk dargebracht wurde. Auf der Weltausstellung in Wien 1873 präsentierte Ricci eine zusammengesetzte Cimabue-Figur, drei Jahre später erschuf er die Skulptur „Dante, Botschafter unter Bonifatius VIII.“ Etwa 1880 nahmen die Meister der Werkstatt die Arbeit an der zusammengesetzten Skulptur „Befreites Italien“ auf, welche die Angliederung Venedigs verewigen sollte.

Georges Lemaire. Etienne Marcel. Paris, 1914

Sammlung des Petit Palais, städtisches Museum der schönen Künste Paris

PETIT PALAIS / ROGER-VIOLLET

Es sei erwähnt, dass genau zu dieser Zeit, in der Mitte der 1860er Jahre, der junge Carl Fabergé einige Monate in Florenz verbrachte. Er besuchte die toskanische Hauptstadt im Rahmen einer langen Reise, um sich mit herausragenden Schöpfungen der europäischen Juweliere und Glyptiker vertraut zu machen. Die Eindrücke und Kenntnisse, die er in Dresden, Paris, Frankfurt und London gesammelt hatte, spiegelten sich später im Stil der Kreationen seines Familienunternehmens wieder.

Ricci war nicht der einzige Florentiner, der an der Wende zum 20. Jahrhundert polychrome Werke aus verschiedenen Edelsteinarten erschuf. Der Bildhauer Aristide Petrilli (1868–nach 1907), ein Absolvent der Kunsthochschule und ab 1898 Ehrenmitglied der Kunstakademie Florenz, arbeitete viel und oft mit der Verbindung von verschiedenen Materialien. So präsentierte er auf der Weltausstellung 1900 in Paris die „Büste der Jeanne d‘Arc“ aus weißem Marmor mit Details aus vergoldeter Bronze. Ebenso bekannt sind seine Ende der 1890er Jahre entstandenen kleineren Skulpturen und Skulpturengruppen auf Säulensockeln, die aus buntem Marmor, Bergkristall, Lasurit und Malachit gearbeitet sind.

Dank der Reisen der Künstler, Weltausstellungen und akademischen Expositionen verbreitete sich das neue Interesse am dreidimensionalen Mosaik schnell über die Grenzen Italiens hinaus.

Bereits 1881 präsentierte der französische Steinschneider und Bildhauer Auguste Alfred Vaudet (1838–1914) auf der Kunstausstellung Salon de Paris seine den Abmessungen nach bescheidene „Büste des Ajax“. Auf eine Nephrit-Säule erhoben, zeichnet sie sich durch die ungewöhnliche Auswahl der Gesteine und einen äußerst freien Einsatz der Farben aus: Ein Helm aus ziegelsteinrotem Jaspis und ein drapiertes Gewand aus leuchtendem Lasurit ruhen auf der aus dunkelgrünem Jaspis geschnittenen Büste.

Ein weiteres Beispiel für die französische Interpretation des dreidimensionalen Mosaiks ist nur anhand von Beschreibungen und einer alten Fotografie bekannt, die in einem Buch aus dem 20. Jahrhundert abgedruckt ist. Das Relief „Ins Unbekannte“ des Kameekünstlers und Modelleurs Emile Félix Gaulard (1842–1924) wurde 1902 beim Salon de Paris gezeigt. In der Komposition kamen heller Sardonyx, Heliotrop, Wiener Opal und blauer Chalcedon aus dem Ural zum Einsatz.

Der Franzose Georges Henri Lemaire (1853–1914), besser bekannt als Graveur und Medailleur, wandte sich schon kontinuierlicher der Technik des dreidimensionalen Mosaiks zu. In den 1890er–1910er Jahren erschuf er mehrere zusammengesetzte Edelsteinskulpturen. Und während er bei den früheren Arbeiten zu einem Grundkorpus aus einem Material nur Arme und Kopf aus einem anderen hinzugefügt hatte, verwendete er in seinem Spätwerk — wie in der Skulptur „Etienne Marcel“, — eine Vielzahl an verschiedenen Elementen die dem Kostüm seiner Figur farbenfrohe Akzente verleihen.

Russland. Anfang 20. Jahrhundert

Die enge Verbindung zwischen der europäischen und der russischen Handwerkskunst sowie der kosmopolitische Geschmack der russischen Auftraggeber führten zum Aufkommen des dreidimensionalen Mosaiks auch in den Arbeiten russischer Steinschneider. Bedenkt man das Interesse Carl Fabergés an den verschiedenen Techniken und Materialien, erscheint die Entstehung einer eigenen Steinschnittabteilung innerhalb der Firma nur natürlich. Die beiden wichtigsten Angestellten waren zwei Absolventen der Kunstgewerbeschule in Jekaterinburg: Pjotr Michailowitsch Kremljow (1888–nach 1937) und Pjotr Derbyschew (1888–1914). Ende der 1900er Jahre erschufen sie ihre ersten Steinfiguren, die die Serie „Russische Typen“ bildeten (darunter fanden sich ein Straßenkehrer, ein Erdarbeiter, ein Kutscher, ein Fuhrmann u. s. w.). Die Nachfrage nach Mosaikskulpturen seitens der Auftraggeber förderte das Anwachsen des Sortiments: von einzelnen typisierten sowie porträtierenden Darstellungen von Straßen der Hauptstadt und des kaiserlichen Palastes bis hin zu anspruchsvollen Genrekompositionen, Märchenfiguren und nationalen Sammelcharakteren. Es sind über fünfzig Figuren bekannt, die zwischen 1908 und 1916 durch die Firma Fabergé hergestellt wurden. Der Großteil war in der europäisch geprägten Tradition gefertigt: Das Zusammenspiel von relativ großen Gesteinselementen in ausdrucksstarken, kontrastierenden Tönen verlieh den Skulpturen ihre Dekorativität. Der Hauptunterschied liegt in der Gestaltung der Augen: Während die europäischen Meister dieses Detail mithilfe von Schnitzereien oder der natürlichen Farbsprenkel im verwendeten Stein wiedergaben, wurden bei Fabergé facettierte Edelsteine inkrustiert. Auch die Höhe der Skulpturen unterscheidet sich: In den Petersburger Arbeiten variierte sie zwischen 10 und 20 cm (zum Vergleich: Die Figuren der Apostel und der römischen Herrscher waren etwa 30 cm groß). Die Verwendung von kostbaren Armierungen erinnert an die Werke Schwarzeburgers — aus Silber und Gold, manchmal mit Email-Dekor, werden die verschiedensten Accessoires gefertigt: Waffen, Hemdknöpfe, Stickerei-Nachbildungen und Metallschmuck.

Firma Fabergé. Kammer-Kosake N. N. Pustynnikow. Sankt Petersburg, 1912

Privatsammlung

STAIR GALLERIES, NEW YORK

Die einzige Konkurrenz in dieser anspruchsvollen Ausrichtung der Steinschneidekunst hatte die Firma Fabergé durch die Werkstatt Alexej Kosmitsch Denissow-Uralski (1864–1926). Seine ersten Erfahrungen mit der Kombination von verschiedenen Gesteinsarten in einer Skulptur machte Denissow-Uralski mit Vogeldarstellungen. Die erworbenen Fertigkeiten ließ er 1915–1916 in seine große Serie „Allegorische Darstellungen widerstreitender Mächte“ einfließen, die 15 Figuren umfasste. Zwölf Arbeiten repräsentierten die am Konflikt beteiligten Länder (Russland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Serbien, Montenegro, Belgien, Japan, Deutschland, Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei), die drei übrigen hatten beschreibenden Charakter. Einige der Länder-Allegorien waren in Form von polychromen Skulpturen dargestellt — so die Allegorien zu Österreich, Frankreich und das kompositorisch anspruchsvollste Werk, das unter dem Titel „Denkmal für Wilhelm“ Deutschland repräsentierte. Trotz fehlender Kenntnisse über weitere zusammengesetzte Figuren aus der Werkstatt Denissow-Uralski können wir einige Schlüsse zum Besonderen seiner Technik ziehen: Im Unterschied zu seinem Konkurrenten, der Firma Fabergé, verwendete der Uraler fast gar kein Metall, und so kam, wie schon bei den Florentiner Meistern, dem Stein die maßgebliche dekorative Rolle zu.

Ural. Erhaltung. 20. Jahrhundert

Die Veränderungen der Marktlage, die der Erste Weltkrieg und die anschließende Oktoberrevolution mit sich brachten, führten zur Schließung der hauptstädtischen Werkstätten. Die Steinschneider waren gezwungen, sich nach einer neuen Beschäftigung umzusehen oder in ihre Heimatstädte zurückzukehren, in der Hoffnung, ihrem Beruf in der ruhigeren Provinz nachgehen zu können. So kehrte auch Pjotr Kremljow, der ehemalige Leiter des Steinschneideateliers der Firma Fabergé, nach Jekaterinburg zurück, reiste jedoch bald wieder ab, um in der Weichgestein-Verarbeitung im Gebiet Perm zu arbeiten.

Die zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg entstandenen Schneidearbeiten waren in der Regel weniger kostspielig, erlaubten es den Steinschneidern aber immerhin, ihrem Beruf weiter nachzugehen.

Nikolai Dmitrijewitsch Tataurow, die Studierenden der 42. Kunstgewerbeschule. Komposition “Der Ural schmiedet den Sieg”

Swerdlowsk, 1948. Sammlung des Museums der Uraler Berufsschule “Rifej”

© EVGENY LITVINOV / ZOOM ZOOM FAMILY

Die Tradition wurde erst in der Nachkriegszeit wieder zum Leben erweckt, und zwar in den Mauern der neu gegründeten spezialisierten Kunstgewerbeschule Nr. 42 in Swerdlowsk. Unter den Meistern der Fabrik „Russische Edelsteine“, die die Fachschule als Lehrkräfte einlud, war auch einer der ältesten Mitarbeiter des Unternehmens, Nikolai Dmitrijewitsch Tataurow (1887–1959). Seine Laufbahn hatte 1898 begonnen: Im Alter von nur elf Jahren wurde er mit den ersten einfachen Arbeiten in der kaiserlichen Edelsteinschleiferei in Jekaterinburg betraut. Zu den herausragenden Denkmalen der russischen Steinschneidekunst, an denen er beteiligt war, gehören die 1898–1900 in Jekaterinburg gefertigte Mosaik-Karte Frankreichs und das in Leningrad zum Anlass der Pariser Weltausstellung von 1937 entstandene Panneau „Die Industrie des Sozialismus“. Wir haben zwar keine Kenntnis über vor 1940 entstandene zusammengesetzte Skulpturen von N. D. Tataurow, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass er mit dieser Technik sowie mit entsprechenden Kunstwerken vertraut war — nur so ist es möglich, dass die Studierenden des ersten Jahrgangs an der neuen Kunstgewerbeschule Nr. 42 unter der Leitung ihres Meisters 1948 das Werk „Der Ural schmiedet den Sieg“ erschaffen konnten. Das Herzstück dieser anspruchsvollen Komposition, die einen Hintergrund mit malerischem Flachmosaik sowie eine reliefartig gearbeitete Sohle in sich vereint, bilden zwei Arbeiterfiguren, die in der Technik des dreidimensionalen Mosaiks ausgeführt wurden.

Von der Bewahrung der Tradition der aus verschiedenen Steinen zusammengesetzten Skulpturen zeugt auch die Schmuckschatulle „Das bucklige Pferdchen“, gefertigt von Wiktor Wassiljewitsch Sargin in der Mitte der 1950er Jahre. Vor dem Hintergrund des rotbraunem Jaspis der Wände treten die plastischen Mosaikkompositionen mit russischen Märchenmotiven deutlich zum Vorschein: der Alte, der sein Fischernetz in ein Lasurit-Meer auswirft, und Iwanuschka, der dem Feuervogel eine Feder herausreißt. Die Geschicklichkeit des Schülers, der diese Arbeit anfertigte, brachte der Fachschule eine Medaille bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel ein.

Nach dem Tod N. D. Tataurows führten an der Seite der Uraler auch Absolventen der zentralen Hochschulen der Sowjetunion die Ausbildung der neuen Meistergenerationen fort. So lehrte Wladimir Jurjewitsch Ryssin, der sein Kunststudium in Moskau abgeschlossen hatte, viele Jahre lang in Swerdlowsk. Über mehrere Jahrzehnte wurden die Arbeiten seiner Schüler für die hohe Qualität ihrer Ausführung ausgezeichnet. 1968 entstand unter seiner Leitung die Skulpturengruppe „Der Meister Danila und die Herrin des Kupferbergs“ in der Technik des dreidimensionalen Mosaiks. Darin ist es den Schülern gelungen, die Farbübergänge im Jaspisblock fein zu umspielen, aus dem das sinngemäße Herz der Komposition besteht– eine Steinblume in rötlich-braunen bis grünen Tönen. Die Rottöne werden durch das leuchtend rote Hemd des Meisters aus Siegeljaspis hervorgehoben, und das Grün findet sich im Nephritmantel der Herrin wieder.

Im selben Jahr wurde die Diplomarbeit der Ryssin-Schülerin Nadeshda Nikolajewna Suchatschjowa (geb. 1949) „Tajutkins Spiegelchen. Nach den Märchen von P. P. Bashow“ mit einer Medaille der UdSSR-weiten Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft ausgezeichnet.

Seit 1974 unterrichtet N. N. Suchatschjowa an der Fachschule in Swerdlowsk nachrückende Generationen Uraler Steinschneidemeister. Einige ihrer Schüler wurden Mitglieder im Künstlerverband oder Leiter bekannter Werkstätten. Zwischen 1970 und 2000 entstand unter der Leitung von W. Ju. Ryssin und N. N. Suchatschjowa eine Vielzahl von dreidimensionalen Mosaiken: Studien- und Abschlussarbeiten, die sehr eindrücklich die Existenz einer genuinen Uraler Schule von Meistern belegen, die diese äußerst anspruchsvolle Technik beherrschen.

Eine 1973 in Moskau durchgeführte Ausstellung von einigen Kompositionen aus der Hand von Wassili Wassiljewitsch Konowalenko (1929–1989) hat sicher ihren Teil zur Popularität des dreidimensionalen Mosaiks unter den Steinschneidemeistern des Ural beigetragen. Das Interesse dieses Bühnenbildners am Steinkunsthandwerk war während seiner Arbeit am Ballett „Die Steinblume“ von S. Prokofjew am Opern- und Ballett-Theater S. M. Kirow (so hieß damals das Petersburger Mariinski-Theater) erwacht. Fasziniert von Form und Maserung der Steinblume, unternahm Konowalenko gemeinsam mit Geologengruppen mehrere Reisen innerhalb des Landes und war mehrfach im Ural. Bereits in seinen ersten Arbeiten trat die diesem Meister eigentümliche Gestaltungsweise zum Vorschein: Die Figurengruppen hatten etwas Groteskes und waren betont genrehaft. Von früheren Schöpfungen der Uraler in der Mitte des 20. Jahrhunderts unterschieden sich Konowalows Werke durch eine besonders große Palette von Gesteinsarten und eine reichhaltige Verwendung von „beschwerenden“ Metallelementen aus.

Wladimir Jurjewitsch Rysin, die Studierenden der 42. Kunstgewerbeschule. 

Meister Danilo und Herrin des Kupferbergs. Swerdlowsk, 1968

Sammlung des Museums der Uraler Berufsschule “Rifej”

© EVGENY LITVINOV / ZOOM ZOOM FAMILY

Ural. Wiederkehr. Ende des 20. — Anfang des 21. Jahrhunderts

Für das Wiedererwachen des dreidimensionalen Mosaiks kann die Wiederaufnahme der Fabergé-Kunstwerke in den Kreis der exponierten und publizierten Arbeiten in ihrer Rolle nicht hoch genug bewertet werden — darunter auch zusammengesetzte Figuren, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in nur einem engen Kreis von Spezialisten bekannten Magazinen aufbewahrt wurden. Im Zuge der rasanten Veränderungen der politischen und wirtschaftlichen Situation im Land fanden zwischen 1989 und 1992 die ersten Ausstellungen dieser Objekte statt, was den Meistern neues Traditionbewusstsein einflößte. Neue Möglichkeiten des eigenständigen Schaffens, frei von ideologischen und institutionellen Zwängen der zu Ende gegangenen Epoche, setzten starke Impulse für die Entwicklung schöpferischer Individualität und die Entstehung eines neuen Kreises von Schätzern der Steinschneidekunst frei. Das Ergebnis war ein sprunghafter Anstieg der Zahl zusammengesetzter Edelsteinfiguren, die auf diversen Ausstellungen gezeigt wurden und in private sowie museale Sammlungen Eingang fanden.

Die 1990er–2000er Jahre wurden für mehrere Meistergenerationen zu einer Zeit der Suche. Nicht nur bezogen auf schöpferische Experimente, sondern auch auf die Erkundung der neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese Faktoren nahmen großen Einfluss auf die Qualität der Arbeiten und die Möglichkeiten der Materialwahl. Zunächst versuchten sich die Uraler Meister an Einzel­skulpturen in der Tradition Fabergés — so z. B. die zu Beginn der 1990er Jahre entstandenen Werke von Oleg Nikolajewitsch Alexandrow (geb. 1960). Nach und nach stieg die Komplexität der Kompositionen und es traten begleitende Elemente hinzu. Während solche Details bereits in Werken aus den 1970er Jahren vereinzelt zu sehen sind, werden sie in den 2000er Jahren fast obligatorisch. Diese Tendenz betrifft sowohl die ältere Generation von Meistern (so z. B. in den Arbeiten von Anatoli Iwanowitsch Shukow, geb. 1956) als auch jüngere Steinschneidekünstler.

Denis Dawydow und der Bauernpartisan. Schreibtischgarnitur. Steinschneidewerkstatt „Swjatogor“. 2012

© EVGENY LITVINOV / ZOOM ZOOM FAMILY

Das neue Jahrzehnt ist markiert durch die Entstehung aufwändiger mehrfigürlicher Kompositionen. Wie schon in Florenz zur Blütezeit des dreidimensionalen Mosaiks, spielt die Geschicklichkeit des Bildhauers und Modelleurs eine große Rolle, der nicht nur ein künstlerisches Bildnis erschaffen, sondern auch die Besonderheiten der Mosaiktechnik berücksichtigen muss. Der Schwierigkeitsgrad solcher Kunstwerke und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Meistern verschiedener Ausrichtungen führten zur Entstehung großer Werkstätten. In künstlerischen Kollektiven, wie z. B. „Swjatogor“ und „Werkstatt Alexej Antonow“, arbeiten an jeder Komposition Steinschneider, Juweliere, Bildhauer und Modelleure.

Die größer gewordenen Ausmaße der Kompositionen und ihre gehobene Komplexität lassen die typischen Züge des Steinschnitts im Ural aufs Neue zum Vorschein treten. Eine wichtige Besonderheit der Uraler Arbeiten, die sich bereits in den Mosaikskulpturen von A. K. Denissow-Uralski und den von ihm rezipierten Meistern des 19. Jahrhunderts gezeigt hatte, ist das Spiel mit der Textur der Steinoberfläche: Neben spiegelglatt glänzender Politur sehen wir feine Schnitzereien genauso wie mattierte Flächen und verschiedene andere Schleifvarianten.

Ein traditionelles Merkmal der Uraler Arbeiten bleibt der zurückhaltende Umgang mit Metallelementen: Gold, Silber und plattierte Nichtedelmetalle werden nur sparsam eingesetzt, und auch nur dort, wo sie nicht durch Stein ersetzt werden können. Für Knopflöcher an Caftanen und Uniformen, Epauletten — also alles, was Goldstickereien nachbilden soll — verwenden die Meister das gold schimmernde Tigerauge. Selbst ausschließlich aus Metall bestehende Rüstungsdetails wie Helme, Panzer, Brustharnische und Kettenhemden werden im Ural sorgfältig aus widerspenstigem Pyrit und Hämatit geschnitten.

Auch die Auswahl des Materials zeichnet die Werke der Steinschneider aus. Besonders der Jaspis hat es ihnen angetan — ein Stein, der bezüglich der Vielfalt an Maserungen und Farben seinesgleichen sucht und dessen äußerst reiches Vorkommen im Ural schon in der älteren Steinzeit die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen hatte. Genauso beliebt bei den Glyptikern sind Quarzgesteine: durchsichtiger Bergkristall, Amethyst und Rauchquarz, gebänderte Achate und das matte Chalcedon. Mithilfe der Verwendung von geschichtetem Feuerstein lassen sich vielfältige Effekte erzielen: von haarigen Wolfpelzen bis hin zu kostbaren Stickereien auf hochwertiger Seide. Auch besondere Steine aus dem Ural kommen oft zum Einsatz, so wie beispielsweise die grüne Granatart Uwarowit oder der Rhodonit in kräftigem Rosa.

Heute erlebt das dreidimensionale Mosaik aus dem Ural seine Blütezeit. Ausgehend von der jahrhundertelangen Erfahrung der europäischen Edelsteinschneider, aufbauend auf den Traditionen der russischen Steinschneidekunst und sich stützend auf die neuen technischen Möglichkeiten, experimentieren die Meister frei mit der breiten Palette an Materialien und erschaffen komplexe dynamische Kompositionen.

Ludmila Budrina

Dr. der Kunstgeschichte,

Außerordentlicher Professor

 

Literatur  

  1. Art of The Royal Court: Treasures in Pietre Dure from the Palaces of Europe. / Wolfram Koeppe and Annemaria Giusti. — New York, 2008.
  2. Das Historische Grüne Gewölbe zu Dresden; die barocke Schatzkammer / Dirk Syndram, Jutta Kappel, Ulrike Weinhold. — Berlin, 2007.
  3. Die Kunst des Steinschnitts: Prunkgefässe, Kameen und Commessi aus der Kunstkammer / Rudolf Distelberger. — Wien, 2002.
  4. González-Palacios, Alvar. Mosaique et pierres dures. Florence, Pays Germaniques, Madrid. – Paris, 1991.
  5. L’Opoficio delle Pietre Dure nell’Italia Unita. — Livorno, 2011.
  6. Sacri Splendori: Il Tesoro della ‘Cappella delle Reliquie’ in Palazzo Pitti. / Gennaioli, Riccardo; Maria Sframeli. — Livorno, 2014.
  7. «...Более, чем художник...»: к 150-летию со дня рождения Алексея Козьмича Денисова-Уральского / Будрина Л.А. — Екатеринбург, 2014.
  8. Будрина Л.А. Объёмная мозаика в камнерезном искусстве: европейская традиция до и после Фаберже // Известия Уральского федерального университета. Серия 2. Гуманитарные науки. 2012. № 1 (99). — Екатеринбург, 2012. — С. 6–24.
  9. Фаберже Т.Ф., Илюхин В.Н., Скурлов В.В. Фаберже и его продолжатели. Камнерезные фигурки «Русские типы». — СПб., 2009.
Nachrichten

Im Liechtenstein wurde die Ausstellung „Helden. Geschichte in Meisterwerken der Uraler Steinschneidekünstler“ eröffnet

Die Exposition ist im Liechtensteinischen Landesmuseum präsentiert

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Das Buch über die Steinschneidekunst ist mit europäischem Preis ausgezeichnet worden

Den Preis „Schönste Bücher aus Liechtenstein 2015“ hat das Buch „Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler“ gewonnen

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Die Ausstellung in Liechtenstein bewirtet Gäste

Einen Einblick in die Exposition kann man im Liechtensteinischen Landesmuseum bis zum 18. Oktober 2015 bekommen.

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Über Die Ausstellung

Vorwort

In der heutigen Zeit blühen die neuen Medien. Computerspiele scheinen schon bei Kindern immer mehr die althergebrachte Vorlesekultur und das eigene Lesen zu ersetzen. Daher mag es vielleicht zunächst verwundern, dass ausgerechnet jetzt eine Ausstellung über Märchen in Steinskulpturen präsentiert wird. Es stellen sich vielleicht die Fragen: Brauchen wir eigentlich noch Märchen, und brauchen wir das kunstvolle Handwerk der Steinschneider?

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Über Die Ausstellung

Die Steinschneidekunst im Ural: Tradition mit Zukunft

Besonders intensiv entwickelte sich die Steinschneidekunst in Russland im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts. Die aktive Erschließung des Uralgebietes, einer der eigenwilligsten Regionen Russlands und Ursprungsort seltener Gesteine, spielte dabei eine zentrale Rolle. Das namensgebende Massiv des Uralgebirges bildet eine natürliche Grenze zwischen Europa und Asien und eröffnet hinter sich das schier grenzenlose Sibirien. Die Geschichte dieser Region ist eng verbunden mit dem Bergbau, und so entwickelte sich auf Grund der immensen Vielfalt an Mineralien und Gesteinen auf ganz natürliche Weise ein großes Interesse an der Steinschneidekunst.

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Werke aus Stein, die in die Exposition aufgenommen worden sind

Im Abschnitt „Ausstellung“ sind alle Werke der Steinschneidekunst aus der Exposition „Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler“ dargestellt.

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Erstmals Steinschneidekunst aus dem Ural in der Schweiz

Pratteln (BL) - Erstmals werden aus Stein gefertigte Meisterwerke aus dem Ural in der Schweiz ausgestellt. Die Skulpturen stellen Menschen, Tiere, Sagen- und Mythenfiguren mit lebensechtem Ausdruck dar. Basismaterial sind seltenen Gesteinsarten und Mineralien. Die Galerie Hermann Alexander Beyeler in Pratteln (BL) zeigt die Werke vom 3. Dezember 2015 bis 1. April 2016.  

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Eröffnung der Ausstellung in Vaduz am 8. Juli

Am 8. Juli findet im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz feierliche Eröffnung der Ausstellung „Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler“ statt.

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Über Die Ausstellung

Fünf Jahrhunderte dreidimensionalen Mosaiks

Die Ursprünge der Uraler Steinschneidekunst gehen zurück auf die Epoche der Reformen von Peter I. dem Großen. Die Geschichte dieses Kunsthandwerks war in den dreihundert Jahren seines Bestehens eng verflochten mit westeuropäischen Traditionen der Edelsteinbearbeitung.  

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Über Die Ausstellung

Das Schneiden des Steins: Von der Idee zum Objekt

Das Steinschneidehandwerk ist eine bemerkenswerte Kunst: Auf der einen Seite ist der Steinschneidemeister ein Künstler im Sinne eines Schöpfers, der einem zunächst harten und formlosen Gegenstand Leben und neue Form verleiht. Andererseits besteht die zentrale Aufgabe des Meisters darin, dasjenige freizulegen und zu präsentieren, was bereits die Natur selbst geschaffen hat: Schönheit, Struktur, die Einzigartigkeit und den Charakter der Mineralien. Jedes Werk der Steinschneidekunst bedeutet einen Balanceakt auf eben jenem schmalen Grat zwischen der Rolle des Schöpfers und der des Vermittlers.

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Der Katalog der Ausstellung „Helden. Geschichte in Meisterwerken der Uraler Steinschneidekünstler“ ist herausgebracht

Das Buch wurde extra anlässlich der Ausstellung, die am 23. März im Liechtensteinischen Landesmuseum eröffnet worden ist, vorbereitet: Der Leser kann alle Steinskulpturen der Exposition im Katalog finden.

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Wie die Steinskulpturen geschaffen werden

Der Internet-Videokanal Roomple hat die Werkstatt „Swjatogor“ besucht und einen Film darüber, wie die Steinkünstler die Werke aus Stein schaffen, gemacht.

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Der Katalog „Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler“ ist veröffentlicht

Die Ausgabe in vier Sprachen kann man im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz kaufen.

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Über Die Ausstellung

Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler

Die Ausstellung „Sagen und Märchen in Meisterwerken Uraler Steinkünstler“ präsentiert ausgewählte Skulpturen zum Thema Märchen, mythologische Figuren und epische Helden. Die Folklore ist seit Alters her bis zum heutigen Tage ein wichtiger Teil der russischen Kultur. Schriftsteller und Künstler schöpfen aus den Volksüberlieferungen ihre Motive, und die russische Sprache ist reich an Bezügen zu den Figuren und Erzählungen, die jeder aus der Kindheit kennt.

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